Der Niedersächsische Landtag berät zz. über eine Novelle des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG). Die vorgesehenen Änderungen zur Stärkung der Bürgerbeteiligung werden vom Landesjugendring begrüßt, zugleich fordert der LJR in seiner Stellungnahme aber das Parlament auf, bei dieser Gelegenheit die Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche bei kommunalpolitischen Vorhaben und Entscheidungsprozessen ebenfalls deutlich zu verbessern.
„Die bisherige Soll-Bestimmung in §36 NKomVG ist nicht ausreichend – nach unserer Wahrnehmung kommen nur die wenigsten Kommunen bislang ihrem gesetzlichen Auftrag nach.“ so LJR-Geschäftsführer Björn Bertram bei der mündlichen Anhörung im Innenausschuss. Daher fordert der Landesjugendring eine stärkere Verpflichtung der Kommunen, junge Menschen bei Entscheidungsprozessen zu beteiligen: Bislang richtet sich §36 NKomVG nur an Städte und Gemeinden – der LJR fordert die Ausweitung der Bestimmungen auch auf die Landkreise.
In Anlehnung an den „Jugend-Check“, der zz. auf Bundesebene entwickelt wird, schlägt der LJR einen landesweit einheitlichen Jugendrelevanz-Check vor; diesem sind alle kommunalpolitischen Vorhaben zu unterziehen. Ergibt diese Prüfung eine besondere Relevanz des jeweiligen Vorhabens für die Belange von Kindern und Jugendlichen, ist eine Beteiligung verbindlich.
Als weitere Stärkung der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen fordert der LJR zudem die Einrichtung von Beauftragten für Jugendbeteiligung, die in allen Städten und Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohner-inne-n und in allen Landkreisen hauptamtlich beschäftigt werden sollen. Die Beauftragten sollen aber kein Bestandteil der Kommunalverwaltung sein, sondern müssen bei den freien Trägern der Jugendarbeit – möglichst bei den kommunalen Jugendringen – angesiedelt sein.
Die Jugendverbände und deren Zusammenschlüsse haben nach §12 SGB VIII die gesetzliche Funktion, die Interessen junger Menschen in der Öffentlichkeit zu vertreten, denn sie sind die einzigen Organisationen, die die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Strukturen als handlungsleitendes Prinzip und Selbstverständnis verankert haben. Kinder und Jugendliche in Jugendverbänden entscheiden Bottom-up über innerverbandliche Anliegen und jugendpolitische Themen und bringen diese Positionen dann in Jugendringe auf allen Ebenen ein. Daher sind Jugendringe auch der richtige Träger für die Beauftragten für kommunale Jugendbeteiligung: Deren Vorstand wird aus den Reihen der Jugendverbände und von jungen Menschen selber gewählt und tlw. besetzt – so wäre bei entsprechender Trägerschaft die Beteiligung junger Menschen bereits bei der Personalauswahlsichergestellt und zöge sich konstitutiv durch die Arbeit der Jugendbeauftragten durch.
Aufgabe der Jugendbeauftragten wäre es, die Jugendbeteiligung vor Ort zu gewährleisten und zu unterstützen: Dazu sollen sie Beteiligungsinstrumente bereitstellen bzw. gemeinsam mit den Jugendleitenden entwickeln, die zu den jeweiligen Vorhaben in den Jugendgruppen eingesetzt werden können. Ebenso wäre es Aufgabe der Beauftragten, offene Beteiligungsformen anzubieten, die sich an alle Kinder und Jugendlichen richten, die von dem jeweiligen Vorhaben besonders betroffen sind, und junge Menschen zu empowern, eigene Wünsche und Vorschläge an Politik und Verwaltung heranzutragen.
Zudem sollen die Kommunen einmal im Jahr gegenüber dem Land über die durchgeführten Beteiligungsprojekte Bericht erstatten.
Neben der unmittelbaren Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an kommunalpolitischen Vorhaben fordert der Landesjugendring auch die Absenkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen auf 14 Jahre.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden jungen Menschen ab 14 Jahren bereits weitergehende Beteiligungsrechte eingeräumt, bspw. die Beteiligung an Einwohnerbefragungen. Dies zeigt nach Ansicht des Landesjugendrings, dass das Vertrauen in die Entscheidungskraft junger Menschen bei der Politik vorhanden ist. Namhafte Fachleute attestieren, dass junge Menschen bereits mit 14 Jahren die notwendige geistige Reife haben, die für das Ausüben des Wahlrechts erforderlich ist.
Stand: 06.06.2016