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Jugendarbeit mit jungen Geflüchteten

Über die aktuelle Flüchtlingssituation wird derzeit sehr viel diskutiert – von Politiker-inne-n, in den Medien und auf den Straßen – denn dieses Thema beschäftigt viele. Menschen fliehen nicht ohne Grund. Die Angst, dass ihnen in ihrem Herkunftsland etwas Schlimmes passiert, ist viel größer, als die Angst vor der Flucht und den Gefahren, denen sie sich aussetzen. In diesem Zusammenhang stellt sich immer wieder die Frage, wie wir als Jugendverbände den geflüchteten Menschen Hilfe und Unterstützung anbieten können.

Sich auf die Flucht zu begeben, ist in den letzten Jahren und Monaten für viele Millionen Menschen – darunter auch ein beachtlicher Teil Kinder und Jugendliche – die einzige Möglichkeit, ihr Leben vor Kriegen, Verfolgung, Gewalt und Armut zu retten. Flüchtlinge haben sehr oft in ihrem Heimatland schlimme Dinge erlebt und gesehen. Einige Menschen haben Angehörige durch den Krieg verloren. Sie haben Angst, selbst zu sterben, und suchen sich daher ein neues Zuhause, in dem sie sicher leben können. 

Deutschland und andere europäische Länder bieten durch ihr Sozialstaats­prinzip und die gute Infrastruktur den Menschen ein attraktives Ziel. Aufgrund der gestiegenen Zahlen der Geflüchteten sind unsere Behörden und Unterbringungsmöglichkeiten derzeit jedoch sehr überlastet. Die langen Wartezeiten im Asylverfahren und die in diesem Zeitraum geltenden eingeschränkten Gesetze (z.B. nachrangige Arbeitserlaubnis oder keinen Zugang zu Inte­grationskursen) führen gemeinsam mit der Angst vor Ablehnung des Asylantrages zu einer großen Unzufriedenheit und Angst der geflohenen Menschen. 

Um dieser unbefriedigenden, unbeständigen und teilweise  angsterfüllten Lebenssituation junger Geflüchteter in Gruppenunterkünften und Erstaufnahmelagern zu begegnen, bedarf es dringend politischer Unterstützung. Es müssen gesetzliche Rahmenbedingungen für die gesellschaftliche Integration junger Geflüchteter und Zugangsmöglichkeiten zu finanziellen Ressourcen geschaffen werden, die zu gefestigten Angebots- und Versorgungsstrukturen in der Arbeit mit den Geflüchteten führen. Das Hauptaugenmerk, gerade für junge Geflüchtete, liegt dabei auf dem Aspekt Bildung. Eine Einbindung in KiTa, Schule und Jugendarbeit ist der Schlüssel zur Integration. Die grundsätzliche Charakteristik von Jugend(verbands)arbeit im Sinne von Offenheit, Freiwilligkeit und Bedürfnisorientierung bietet vor Ort niedrigschwellige Zugänge zu entsprechenden Bildungsprozessen und zur Integration.

Viele Jugendverbände engagieren sich angesichts der aktuellen Flüchtlingssituation bereits für die betroffenen Menschen. Wer in der Arbeit für und mit Geflüchteten Fuß fassen möchte, sollte wissen, dass den Geflüchteten schon damit geholfen wird, dass sie und ihre Lebenssituation akzeptiert werden! Leider sind Geflüchtete bei uns immer wieder – vielfach rassistisch motivierten – Vorfällen von Gewalt ausgesetzt. Körperverletzungen, Brandanschläge, Schmierereien, Beleidigungen und Demonstrationen gegen Flüchtlinge sind mit einer Zahl von über 500 allein im Jahr 2015 dokumentiert. Solche menschenverachtenden Taten dürfen keine gesellschaftliche Akzeptanz finden – es muss sich ihnen in aufklärender und entschlossener Weise entgegengestellt werden. Hier sind auch die Jugendverbände in ihrem Engagement gefragt, sich entsprechenden Entwicklungen entgegenzustellen und sich politisch zu positionieren.

Wenn ihr mehr machen möchtet, solltet ihr euch als erstes informieren, ob es in der Kommune schon Menschen, Gruppen, Organisationen oder Sozialarbeiter-innen gibt, die sich für Flüchtlinge einsetzen. Diese haben oft schon Erfahrung und können genau sagen, wo und wie den Menschen geholfen werden kann. Ebenfalls solltet ihr Informationen über die Nationalität und das Geschlecht der Menschen einholen, um eure Arbeit im Interesse der Menschen zu planen. Je nach Ausrichtung und Schwerpunkt eures Verbandes sind unterschiedliche Angebote denkbar, die mit den eigenen und den Interessen der Geflüchteten zusammenpassen. 

Es gibt also keine pauschale Antwort und kein Muster-Angebot dafür, wie ihr als Jugendverband am besten etwas für und mit Geflüchteten unternehmen könnt, sondern eine Vielfalt an Möglichkeiten, den unterschiedlichen Voraussetzungen vor Ort gerecht zu werden. Wichtig ist auch, ob es sich um eine Hilfe für Menschen in Erstaufnahme- und Gruppenunterkünften handelt oder ob mit zugewiesenen Menschen am Wohnort gearbeitet wird.

Da die Menschen nur für einen begrenzten Zeitraum in Erstaufnahmelagern und Gruppenunterkünften untergebracht werden, ist ihre Einbindung in Verbandsstrukturen vor Ort nur begrenzt möglich. Auch der Ausgang des Asylverfahrens ist dort meist noch unklar. In dieser fragilen Situation ist Jugendarbeit also eher ein projektorientiertes Angebot, um den Menschen ihr Übermaß an Freizeit zu füllen, ihnen Ablenkung von ihrer Lebenssituation zu bieten und ihnen ein gewisses Maß an Struktur an die Hand zu geben. Angebote der Jugendarbeit sollten entsprechend vor Ort in der Unterkunft durchgeführt werden. Hier eignen sich beispielsweise Bastel-, Spiele- oder Sportnachmittage. Auch die Einladung zu speziellen Aktionen außerhalb der Unterkunft wie Besuche von Zoos, Sportangeboten oder regionalen kulturellen Highlights ist ein passendes Angebot. Wichtig ist hierbei, dass die Menschen von ihrer Unterkunft abgeholt werden, da es meist noch schwierig ist, sich in der neuen Umgebung alleine zurechtzufinden. In der Erstaufnahmeeinrichtung Bramsche-Hesepe organisieren sich beispielsweise jeden Sonntag viele junge Menschen unter dem Motto »Freizeit für Flüchtlingskinder«, um den dort untergebrachten Kindern und Jugendlichen ein wöchentliches Angebot zu schaffen.

Werden die Menschen den Kommunen und Landkreisen zugewiesen, sollen sie in der Regel nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden und SGB-Leistungen beziehen können. Hinzu kommt, dass Flüchtlinge bei einer Aufenthaltserlaubnis auch planbar für die nächsten Jahre in der Stadt verweilen. Eine Anbindung an die Jugendgruppe oder den Jugendverband eignet sich in diesem Zusammenhang besonders gut, um den jungen Menschen eine Orientierung in ihrer neuen Heimat zu geben. Hierzu muss zunächst bedacht werden, dass Angebote nicht automatisch eine einladende Wirkung haben. Angebote von konfessionellen Trägern in Gemeindehäusern und Kirchen können Menschen anderer Religionen abschrecken. Auch Sprachbarrieren können den Angeboten im Weg stehen. Bekanntmachungen der Angebote sollten daher mehrsprachig erfolgen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Stadt Papenburg und das DRK. Sie haben unter dem Motto »Zusammen Leben (Lernen)« einen mehrsprachigen Stadtführer mit allen Angeboten für Kinder und Jugendliche der Stadt entwickelt.

Es ist davon abzuraten, den Fokus nur auf Angebote speziell für Geflüchtete zu legen. Dies kann zu einem Sonderstatus der Gruppe und zu Stigmatisierungen führen, welche die Integration nicht fördern und auch Neider wecken können. Ehrenamtliche Jugendarbeit muss sich vor Ort nicht neu erfinden. Es ist wichtig, dass Kindern und Jugendlichen mit Flucht- bzw. Migrationsgeschichte ganz selbstverständlich der Zugang zur Teilnahme an Gruppenstunden, Projekten, Maßnahmen, Veranstaltungen und besonderen Events jeglicher Art ermöglicht wird. Die ev.-ref. Kirche Nordhorn hat beispielsweise ihr JugendCafé »Just Friends« durch das Anbieten von Sprachlernmöglichkeiten während der Öffnungszeiten für Geflüchtete geöffnet und als Anlaufstelle, Kennenlernmöglichkeit und Brücke für die Integration etabliert.

In den Verbänden muss eine Sensibilisierung für die Situation geflüchteter Menschen stattfinden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass Kinder und Jugendliche, die sich in den Gruppen und Verbänden engagieren, automatisch ein Verständnis für die Lebenssituationen der Geflüchteten haben. Es können Ängste und Vorurteile aufkommen, die einer aktiven Hilfe oder einer Öffnung der Strukturen für Geflüchtete im Weg stehen. Der BDKJ Diözesanverband Osnabrück hat daher die Sensibilisierung ihrer Mitglieder zum Schwerpunkt gemacht. In regelmäßigen Abständen werden kinder- und jugendgerechte Arbeitshilfen veröffentlicht, die über Themen zur Flucht und Migration aufklären und den Jugendgruppen praktische Tipps mit an die Hand geben.

Damit in der Jugendarbeit Angebote für junge Geflüchtete gemacht werden können, muss es den Haupt- und Ehrenamtlichen ermöglicht werden, sich in interkultureller Kompetenz, im Umgang mit Traumata oder mit Blick auf rechtliche Themen zu qualifizieren. So können Barrieren in der Umsetzung von Angeboten abgebaut werden. Eine wichtige Grundlage für die Umsetzung der Jugendarbeit ist nicht zuletzt die Kostenübernahme für die Teilnahme an Angeboten von jungen Geflüchteten, die sie sich selbst nicht leisten können. Hierbei gibt es auf unterschiedlichen Ebenen aktuell finanzielle Unterstützungen. Es ist aber zum einen wichtig, dass diese nicht in Zukunft einbrechen, und zum anderen, dass diese auch transparent bleiben und keine Ungerechtigkeit gegenüber anderen sozialschwachen Kindern und Jugendlichen entsteht.