Angesichts dieser Entwicklung der Jugendarbeit in Niedersachsen sind aus Sicht des Landesjugendrings Niedersachsen deutliche Korrekturen – insbesondere in der kommunalen Jugendpolitik – notwendig:
Stellenwert der Jugendarbeit erhöhen
Jugendarbeit muss als „weicher Standortfaktor” einen höheren Stellenwert in der Kommunalpolitik erhalten. Es muss im Interesse der Kommunalpolitik sein, dass es ein breitgefächertes, nichtkommerzielles Freizeit- und Bildungsangebot für alle Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen gibt. Die vielfältigen Strukturen gilt es zu sichern und zu fördern. Der eigene Stellenwert der Jugendarbeit als Lern- und Experimentierfeld jenseits der Jugendsozialarbeit muss anerkannt werden.
Die Kommunen haben die Gesamtverantwortung für die örtliche Jugendarbeit – dazu gehört es auch, mit freien Trägern zu kooperieren, diese zu unterstützen und zu fördern.
Jugendarbeit bedarfsgerecht weiterentwickeln
Dafür muss Jugendarbeit bedarfsgerecht weiterentwickelt werden. Notwendig ist eine entsprechende personelle, finanzielle und räumliche Ausstattung. Der Anteil der Ausgaben für Jugendarbeit an den Ausgaben der Jugendhilfe muss signifikant erhöht werden.
Kommunale Förderung ausbauen und Bürokratie abbauen
Die Fördersätze für Freizeiten, Seminare und andere Projekte der Jugendarbeit müssen deutlich angehoben und kontinuierlich an die Preisentwicklung angepasst werden; die Haushaltsansätze müssen entsprechend angehoben werden.
Zugleich müssen die bürokratischen Anforderungen minimiert und ehrenamtsfreundlich gestaltet werden. Sinnvoll erscheint es, die Förderung der Jugendgruppen und Jugendverbände auf der Ebene der Jugendämter zu regeln, so dass in jedem Landkreis einheitliche Förderbedingungen für die Jugendgruppen aus allen Orten bestehen und dadurch bürokratische Erschwernisse abgebaut werden ohne dass es dadurch zu Fördereinbußen für die Jugendgruppen kommt.
Freiwillig Engagierte brauchen mehr Unterstützung
Ehrenamtliches Engagement in der Jugendarbeit muss stärker unterstützt werden. Die Jugendringe auf Jugendamtsebene als Arbeitsgemeinschaften der Träger der Jugendarbeit sollten daher zu „Regionalstellen des freiwilligen Engagements in der Jugendarbeit” ausgebaut werden und zukünftig die Unterstützung und Anerkennung der Jugendleiter-innen in der jeweiligen Region koordinieren. Sofern es keinen Jugendring auf der Jugendamtsebene gibt oder dieser die Aufgabe nicht übernehmen will, soll die Regionalstelle bei einem vergleichbaren Netzwerk der freien Träger der Jugendarbeit angesiedelt werden.
Ferner muss die Kultur des Dankeschöns und der gesellschaftlichen Anerkennung einen höheren Stellenwert erhalten. Kommunen können dazu einen wesentlichen Beitrag leisten – durch eigene „Dankeschön-Veranstaltungen”, das Einwerben von Vergünstigungen bei der örtlichen Wirtschaft für Juleica-Inhaber-innen oder durch eine tatkräftige Unterstützung und Beratung der Ehrenamtlichen. Vergünstigungen der Ehrenamtskarte müssen auch für Juleica-Inhaber-innen gelten.
Schließlich müssen auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Vereinbarkeit des Engagements mit Schule, Studium, Ausbildung und Erwerbsarbeit verbessert werden.
Projektbezogenes Engagement erleichtern
Das projektbezogene Engagement ist für viele Jugendliche ein guter Einstieg in eine ehrenamtliche Tätigkeit. Daher sollen junge Menschen motiviert werden, eigene Projekte zu initiieren und selber durchzuführen.
Kurzfristig Engagierte benötigen eine besondere Form der Unterstützung, z.B. in Form von individueller Beratung und/oder speziellen Fortbildungsangeboten. Sofern die Träger nicht selber in der Lage sind, die neuen Engagierten adäquat zu begleiten, oder es sich um freie Jugendgruppen handelt, sollen diese Aufgabe die „Regionalstellen für freiwilliges Engagement in der Jugendarbeit” übernehmen.
Mehr Ressourcen für neue Aufgaben
Wenn die Träger der Jugendarbeit neue Aufgaben übernehmen sollen – zum Beispiel in der Kooperation mit Schule oder in der Arbeit mit jungen Menschen mit besonderem Förderbedarf – so setzt dies auch zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen voraus, die bereitgestellt werden müssen.
Stellenwert freier Träger erhöhen
Das Subsidiaritätsprinzip darf nicht weiter ausgehölt werden; öffentliche Träger sollten nur dort eigene Angebote machen und Einrichtungen unterhalten, wo es keine freien Träger gibt, die diese Aufgabe ebenso wahrnehmen könnten. Dabei müssen insbesondere die traditionellen Träger der Jugendarbeit berücksichtigt werden.
Stand: Mai 2011